Sven Hentschel von der Pferdesportanlage Gärtner in Hansen und
die 1. Vorsitzende, des Reitvereins Uelzen-Hansen, Toni Jeschke-Alten,
machen sich Gedanken, wie die Zukunft des Vereins aussieht. Foto: Lütke
Uelzen/Landkreis – Besuchern fallen sofort die an den Stalltüren angeschlagenen Verhaltensregeln auf: Hygienevorschriften beachten, mit Krankheitssymptomen keinesfalls den Stall betreten und Händewaschen. Corona hat auch von den Pferdeställen des Landkreises keinen Halt gemacht. Die Auswirkungen auf den Alltag sind enorm. Seit Mitte März gelten für die 127 Mitglieder des Vereins besondere Vorschriften. „Wir haben als Besitzer der Anlage frühzeitig, das heißt zwei bis drei Tage bevor die bekannten Verhaltensregeln und Hygienevorschriften für alle in Kraft traten, schon reagiert und diese hier umgesetzt“, erklärt Sven Hentschel. Gemeinsam mit seiner Frau Kathrin betreibt er die Pferdesportanlage. Ein Teil der Anlage und zehn Pferde sind an den Reitverein Uelzen-Hansen verpachtet. „Der Vereinsbetrieb liegt quasi auf Eis. Aber die Grundversorgung der Tiere ist natürlich gesichert und wird wie sonst auch durchgeführt“, erklärt Toni Jeschke-Alten, erste Vorsitzende des Vereins. Die Tierhalter dürfen nach einem eingeteilten Stundenplan zu ihren Pferden, damit sich die Personen gut auf dem Hof verteilen und die vorgeschriebenen Abstände eingehalten werden können. „Das hat sich gut eingespielt. Und bei schönem Wetter sind die Reiter auf der großen Anlage verteilt, reiten vereinzelt aus und kommen sich nicht in die Quere“, so die erste Vorsitzende. „Wir haben als Hygienemaßnahme sogar extra noch eine Heißwasserleitung gelegt, sodass sich die Reiter auch richtig die Hände waschen können“, erklärt Hentschel.
„Das Todesurteil für den Verein“
Sorgen bereitet Toni Jeschke-Alten, dass der Verein zum Beispiel durch den Wegfall von Reitstunden erhebliche finanzielle Einbußen erleidet. „Als gemeinnütziger Verein dürfen wir keine Gewinne erwirtschaften und unsere Rücklagen reichen, um zwei Monate aufzufangen. Die Kosten laufen ja weiter – die Pacht, Kosten für Futter, Tierarzt oder Hufschmied. Das ist für uns eine schlimme Situation.“ Sven Hentschel spricht sogar davon, dass eine längere finanzielle Durststrecke das „Todesurteil für den Verein“ wäre. Auch für seine Pferdesportanlage sähe es düster aus. Dazu komme, dass sechs bis sieben Mitarbeiter, meist Mini-Jobber, arbeitslos würden; auch die Reitlehrer, die sich durch diesen Job meist noch etwas dazuverdienen, wären aufgeschmissen. „Ganz zu schweigen, was eine Pleite für eine emotionale Belastung für alle wäre. Rund 85 Prozent der Mitglieder sind Kinder und Jugendliche, die hier Heimat verlieren. Die sind doch fast jeden Tag hier“, sagt Sven Hentschel. So weiß Toni Jeschke-Alten, dass es besonders die reiterliche Gemeinschaft und die Freundschaften sind, die das Leben des Reitvereines prägen. „Das Osterfeuer, die Turniere, die gemeinsamen Aktionen sind alle ausgefallen. Das finden alle sehr schade.“
Verständnis von den Stammkunden
Kathrin und Sven Hentschel machen sich auch ihre Gedanken um die Zukunft. Der Hof ist seit dem 16. Jahrhundert in Familienbesitz. Kathrin hat den Pferdehof von ihrem Vater Klaus übernommen. Die Familie hat die Verantwortung für 80 Tiere; das Mini-Shetlandpony Condor lebt zum Beispiel seit 30 Jahren auf dem Hof. „Condor gehört zur Familie. Unser Leben ist der Pferdehof.“
Tanja Schulz aus Altenebstorf betreibt dort den Reitstall „Eichenhof“ mit Reitschule und Pferdepension. „Viele Reiter kommen ja nicht jeden Tag zu ihren Pferden, deswegen funktioniert das ganz gut“, erklärt sie. Auch hier sind Besuche nach Stundenplan getaktet. Jugendliche kommen regelmäßig, um die Pferde zu bewegen. „Für mich sind die Einbußen durch den ausfallenden Reitunterricht erheblich“, sagt Schulz. Drei Monate können sie die Kosten überbrücken, aber dann werde es heikel. „Die Tiere verfressen rund 100 Euro im Monat“, lacht sie.
Die Eltern der Reitschüler hätten sich sehr verständnisvoll gezeigt. „Viele Stammkunden haben einfach ihren Beitrag weiterbezahlt. Das ist natürlich sehr nett.“ Schulz ist gerade dabei, ihre Reithalle, die Fenster und Auslaufböden zu renovieren und hat dafür einen Kredit aufgenommen. „Es ist schön, dass ich für die Renovierung jetzt Zeit habe, aber die Situation habe ich mir natürlich anders gewünscht.“
Familie Niemann-Laue aus Brockhöfe bietet auf ihrem Reiterhof neben Unterricht und Lehrgängen auch Reiterferien für Kinder ab neun Jahren an. „Uns ist ein Viertel des Umsatzes weggebrochen“, sagt Burghard Niemann-Laue. Seit dem 20. März ist der Betrieb praktisch heruntergefahren. „Vor allem die fehlenden Gäste während der Osterferien tut uns weh“, sagt Niemann-Laue. Denn der Hof wäre ausgebucht gewesen: Etwa 800 bis 900 Reitgäste mit Vollpension sind ausgeblieben. Reitabzeichen konnten nicht abgelegt werden. Der Heideritt am 3. Mai: abgesagt. „Aber der Betrieb muss ja laufen. Bei uns arbeiten zehn Angestellte und auch die regelmäßigen Kosten müssen weiterbezahlt werden.“ Sollten Pfingsten und Himmelfahrt allerdings immer noch keine Gäste auf den Hof kommen dürfen oder die Sperre bis in die Sommerferien reichen, sieht der Reitlehrer und Züchter schwarz. „Der Sommer ist Hochsaison“.
Quellenangabe: Allgemeine Zeitung vom 24.04.2020, Seite 8